Im Folgenden wird kurz die Dimensionierung einer möglichst effizienten und preiswerten Anordnung zur unterkritsichen Neutronenvermehrung erörtert.
Unendlicher Homogener Natururan-Reaktor
Während kommerzielle Kernreaktoren normalerweise feste Brennstäbe verwenden, die von einem Kühlmittel umgeben sind, werde ich in meinen Berechnungen zunächst von einem homogenen Reaktor ausgehen. Mir ist bewusst, dass eine heterogene Anordnung möglicherweise höhere Vermehrungsraten bieten könnte. Eine Anordnung ist nur dann zur Neutronenvermehrung geeignet, wenn der effektive Multiplikationsfaktor für eine unendlich große Variante dieser Anordnung über 1 liegt, die Anordnung also überkritisch ist. So kann bei der Simulation bestimmt werden, ob die Anordnung aufgrund einer suboptimalen Zusammensetzung oder aufgrund einer suboptimalen Geometrie nicht kritisch ist. Auch lässt sich so eine optimale Zusammensetzung bestimmen, bevor die Geometrie der Anordnung optimiert wird.
Homogene Reaktoren wurden bereits im Manhattan Projekt erforscht, zunächst in Form von Uransalzlösungen.
Die Simulation
Für die Berechnung wird die quelloffene Software openmc, die von MIT entwickelt wird, verwendet. Leider musste ich unzählige Stunden investieren, um die Software zum laufen zu kriegen und zu verstehen, was ich tun muss, um eine Simulation zu starten.
Die erforderlichen Parameter werden in XML-Dateien geschrieben, bevor die Berechnung gestartet wird.
Wirkungsquerschnitte für fast alle relevanten Nuklide gibt es in Datenbanken, die man sich herunterladen kann (Anleitung wird von openmc geboten).
openmc XML-Dateien als Beispiel
Materialien
Uran-235 ist nicht nur das einzige leicht spaltbare Material, das in der Natur vorkommt, sondern auch das einzige, das mit vertretbarem Aufwand beschafft werden kann. Da angereichertes Uran nicht an Privatpersonen verkauft werden darf (vermute ich zumindest, eine Quelle dafür habe ich nicht gefunden), ist Natururan (0,7% U-235) der einzige zur Verfügung stehende Spaltstoff.
Allerdings schränkt die Nutzung von Natururan die verwendbaren Moderatoren ein und macht auch eine Kettenreaktion mit schnellen Neutronen unmöglich. Da die Neutronen aus manchen Neutronenquellen schnell genug sind, um auch U-238 zu spalten, wäre auch ein Neutronenvervielfacher ohne Moderator denkbar, allerdings wäre ein solcher Neutronenvervielfacher nicht skalierbar.
Als Moderator kommen im wesentlichen Deuterium (als Oxid) und Kohlenstoff (Graphit) in Frage. Obwohl theoretisch auch ein paar andere Elemente (zb Sauerstoff) denkbar wären, werde ich nur die beiden genannten Moderatoren in Berechnungen berücksichtigen. Paraffin oder leichtes Wasser kommen nicht in Frage, da beide aufgrund des enthaltenen leichten Wasserstoffs ein zu starkes Neutronengift darstellen. Eine Lösung von Uran in leichtem Wasser würde also netto die Anzahl der Neutronen verringern - und zwar unabhängig von der Konzentration oder der Größe der Anordnung.
Schweres Wasser bietet gegenüber Graphit vor allem eine deutlich bessere Moderation und einen geringeren Neutroneneinfang. Außerdem lassen sich diverse Uransalze direkt in Wasser auflösen, was die Herstellung eines homogenen Reaktors erleichtert. Da der Reaktor durch die verbesserte Moderation deutlich kleiner gebaut werden kann, sollte auch weniger Uran benötigt werde. Der größte Nachteil von schwerem Wasser ist der relativ hohe Preis von fast 1000€ pro Liter.
Bei den Berechnungen habe ich mich trotzdem zunächst auf die Verwendung von schwerem Wasser und gelöste Uransalze konzentriert.
Intuition über Bord werfen
Beim durchspielen verschiedener Urankonzentrationen wurde ich sehr bald auf einen Effekt aufmerksam, der mir zunächst sehr unintuitiv erschien. Über einen großen Bereich bewirkt eine Verringerung der Urankonzentration in schwerem Wasser eine Steigerung der Kritikalität. Was ich zunächst für einen Rechenfehler hielt, entpuppte sich als unerwartetes, aber nachvollziehbares Phänomen. Der Grund für dieses unintuitive Verhalten ist der Charakter von Uran-238 als Neutronengift. Wie bereits erwähnt, ist der Wirkungsquerschnitt für einen Neutroneneinfang stark abhängig von der Geschwindigkeit der Neutronen. Uran-238 ist ein schwaches Neutronengift für schnelle und für langsame Neutronen, für mittelschnelle Neutronen (ca. 10 eV bis 1000 eV) jedoch ein relativ starkes Neutronengift.
Der Moderator D2O reduziert die Geschwindigkeit der Neutronen, allerdings nicht auf einen Schlag. Im Schnitt benötigt jedes Neutron über 20 Kollisionen, um thermisch (langsam) zu werden. Solange das Neutron abgebremst wird, sollte es also möglichst selten auf U-238 Atome treffen. Deshalb ist es wichtig, die Dichte von Uran-238 und damit die Dichte von Natururan so gering zu halten, dass die meisten Neutronen vollständig abgebremst werden können, ohne dabei von U-238 eingefangen zu werden.
Ergebnisse
Bei den Simulationen ging es zunächst darum, die optimale Konzentration von Uran in schwerem Wasser zu berechnen. Simuliert wurde wurde die Reaktivität Natururan in leichtem Wasser, reinem Schwerwasser, 99,9%igem Schwerwasser und 99%igem Schwerwasser.


Eine Lösung von Natururan in 99,9%igem Schwerwasser wird am leichtesten kritisch, wenn pro Uranatom ca. 500 moderierende Deuteriumatome in der Lösung vorhanden sind, während das Optimum bei 99%igem Schwerwasser bei ca. 160 Deuteriumatomen pro Uranatom liegt. Bei Verwendung einer Uranylsulfatlösung in Wasser liegt das Optimum bei ca. 360 Deuteriumatomen pro Uranatom. Ein solchen Verhältnis erhielte man, wenn man in einem Kilogramm Schwerwasser etwa 100g (Löslichkeitsgrenze liegt bei 275g/L) Uranylsulfat auflösen würde.
Berechnungen der Geometrie stehen bislang aus.